Die Erfahrungen von Oliver Schmittke

Portrait Oliver Schmittke ist zum Zeitpunkt des Interviews 44 Jahre alt. Er arbeitet als Industriekaufmann und lebt zusammen mit seiner Frau und der gemeinsamen 16-jährigen Tochter. Nach einem Schlaganfall und anschließendem Aufenthalt in der Stroke Unit sowie auf der neurologischen Station des Krankenhauses verbrachte er zunächst eine Woche zu Hause. Dann trat er eine ursprünglich dreiwöchige Reha (AHB) an, die von der Rentenversicherung gezahlt und im Verlauf um zwei Wochen verlängert wurde.

Oliver Schmittke erholte sich sehr rasch von seinem Schlaganfall und trug keine Folgeschäden davon. Dies und die rasche Entlassung führten allerdings dazu, dass er den Vorfall bagatellisierte. Nach dem Krankenhausaufenthalt, so schildert Oliver Schmittke, wollte er wieder normal arbeiten, nahm dann aber doch an der vorgesehenen Reha teil. Im Nachhinein wünscht er sich, man hätte sich seiner von Anfang an ernsthafter angenommen, denn erst in der Reha wurde ihm die Schwere seiner Erkrankung bewusst.

Obwohl es einiges an der Reha zu kritisieren gab, betrachtet Oliver Schmittke sie letztlich als Erfolg und ist sehr dankbar, die Erfahrung gemacht zu haben. Zwar waren die Abläufe nicht immer optimal und zum Teil wurden essentielle Informationen nicht vermittelt, jedoch konnte Oliver Schmittke die Reha gut an seine Bedürfnisse anpassen, indem er sich Gehör verschaffte und Dinge für sich einforderte. Am meisten profitieren konnte er von der Gruppen- sowie Einzeltherapie und dem Sportprogramm. Die z.T. sehr intensiven und anregenden Kontakte zu Mitpatienten waren für Oliver Schmittke sehr wichtig und er konnte lernen, seine eigenen Probleme in Relation zum Schicksal anderer zu sehen.

Neben körperlicher Bewegung spielte vor allem eine neue Sichtweise, die er aus der Reha mitgenommen hat, für Oliver Schmittke eine zentrale Rolle. Nachdem er bei einem neurologischen Test erkannte, dass er nicht immer 100% leisten kann, erlitt er einen Zusammenbruch, den er im Nachhinein als wichtigen Schritt für sich erachtet. Oliver Schmittke erzählt, wie er durch diese Erfahrung erkennen konnte, dass vor allem der chronische Stress durch seine Arbeit sein Kernproblem darstellte. Mit dieser neuen Erkenntnis fällt es ihm heute leichter, sich von seinem Beruf abzugrenzen und auch mal Nein zu sagen, wenn er gebeten wird, etwas zu erledigen, für das er eigentlich nicht zuständig ist.

Im Anschluss an die Reha nahm er auf den Vorschlag der Reha-Psychologin hin eine ambulante Psychotherapie auf, um die in der Reha begonnene Veränderung mit professioneller Unterstützung weiterzuführen. Dies half ihm auch dabei, nach der Reha nicht wieder in den alten Trott zurückzufallen. Aus der Reha nahm Oliver Schmittke außerdem neue Freundschaften mit und hat zu einigen der damaligen Mitpatienten heute noch Kontakt. Außerdem trinkt er seit seinem Schlaganfall keinen Alkohol mehr, was er jedoch nicht als Einschränkung erlebt.

Oliver Schmittke empfiehlt jedem eine Reha zu machen. Seiner Meinung nach hat man vor allem bei einem stationären Aufenthalt die Freiheit zum Nachdenken, da man sich nicht in seinem gewohnten Umfeld befindet und sich keine Gedanken über Alltägliches zu machen braucht. Die Unterstützung seiner Familie tat ihm in dieser Zeit gut, doch war es für ihn zur Verarbeitung wesentlich, dass er in der Reha auch einfach Zeit für sich alleine hatte. Er beschreibt, dass er selbst letztlich in der Reha zur Ruhe kam, sein Leben veränderte und die Zeit auch genoss.

Das Interview wurde im Frühling 2014 geführt.