Die Erfahrungen von Christine Becker

Portrait Symptomatische Epilepsie, komplex-fokale Anfälle, sekundär generalisierte Anfälle. Christine Becker ist 43 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn zusammen. Im Alter von drei Jahren wurde bei ihr eine komplex-fokale Temporallappenepilepsie diagnostiziert. Für viele Jahre stand sie mit der Epilepsie, in ihrem Beruf als Wirtschaftskauffrau und in ihrer Familie fest im Leben, entschied sich jedoch vor einigen Jahren für eine Operation, durch die der Herd der Epilepsie zum größten Teil entfernt wurde. Heute ist sie anfallsfrei.

Christine Becker schildert, dass sie im Kleinkindalter seltsam anmutende Verhaltensweisen zeigte, wie plötzlich Dinge, die sie in der Hand hielt, fallen zu lassen oder an der Kleidung zu nesteln. Im dritten Lebensjahr wurde dann bei ihr Epilepsie diagnostiziert. Als Ursache wird eine Pockenimpfung in der Kindheit, auf die sie mit Fieber und anderen Symptomen reagierte, vermutet.

In der Pubertät nahmen die Anfälle zu und die Medikamente wurden mehrfach umgestellt. Gerne hätte sie eine Ausbildung im Bereich Kindererziehung oder Kosmetik erlernt, wegen der Epilepsie wurde ihr jedoch davon abgeraten. Christine Becker machte daraufhin eine Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau und arbeitet seitdem in ihrem Berufsfeld. Christine Becker beschreibt, dass sie gerne arbeitet und sich in ihrer Firma sehr engagiert.

Für Christine Becker war es lange Zeit klar, dass die Epilepsie sie ihr ganzes Leben begleiten würde und sie immer Medikamente nehmen müsste. Aufgrund der fortschreitenden medizinische Forschung und Entwicklung wurde ihr die Operationsmöglichkeit in dem betroffenen Gehirngebiet angeboten, deshalb überlegte sie, den Herd der Anfälle operativ entfernen zu lassen, doch es sprach zunächst einiges dagegen. Sie schildert, wie sie abwägen musste, eine mögliche Schädigung des Sprach- und Gedächtniszentrums in Kauf zu nehmen. Auch machte sie sich Sorgen wegen ihres Sohnes, der zu dieser Zeit noch klein war. Häufig musste sie das Medikament wechseln und sich mit neuen Nebenwirkungen auseinandersetzen. Als diese schließlich so stark wurden, dass sie sich in ihrem Alltag zu sehr eingeschränkt fühlte, entschied sie sich für die Operation.

Nach der Operation traten noch einige Schwierigkeiten auf, aber seit sie mit Hilfe ihrer Ärztin, die sie seit Jahren in ihrer Krankheit begleitet, medikamentös gut eingestellt wurde, ist sie anfallsfrei. Der letzte Anfall liegt fünf Jahre zurück.

Für Christine Becker war es eine der größten Erleichterungen nach der erreichten Anfallsfreiheit, endlich den Führerschein machen zu können und dadurch unabhängiger zu werden. Eindrücklich beschreibt sie, wie sie und ihre Familie sich neu in einem Leben ohne Anfälle zurechtfinden mussten. Seither ist es ihr ein Anliegen, über die Krankheit aufzuklären. Ihre eigenen Erfahrungen mit der Epilepsie und der Operation veröffentlichte sie in einem Buch und hält Vorträge darüber.

Das Interview wurde im Frühjahr 2012 geführt.

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