Familie und Kinder

Viele unserer Erzähler*innen haben Familie und Kinder oder Enkelkinder, die von der chronischen Schmerzerkrankung mitbetroffen sind. Daneben erzählen einige Interviewte auch von Reaktionen und Auswirkungen auf andere Verwandte wie die eigenen Eltern oder  Geschwister (zu Auswirkungen auf den Partner siehe auch „Partnerschaft und Sexualleben“).

Kinder groß zu ziehen, wenn man an chronischen Schmerzen leidet, ist nicht einfach und kostet viel Kraft, wie unsere Interviewpartner*innen erzählen. Einerseits ist da die körperliche Anstrengung, zum Beispiel das Herumtragen der Kleinkinder und die Organisation des Alltags, andererseits die Verantwortung sowie die Sorgen um die Familie, die zusätzlich zu den Schmerzen belasten und die Schmerzen noch verstärken können.

Marianne Bühler erzählt, dass sie als junge Mutter keine Zeit für Schmerzen hatte.

Christiane Wiedemann hat im Alltag viel mit sich ausgemacht.

Kerstin Meck erzählt von den Herausforderungen im Familienalltag.

Die Familie ist jedoch für viele der Erzähler nicht nur eine Belastung, sondern auch eine große Unterstützung, das, was ihnen am meisten hilft, durchzuhalten. 

Jutta Behrens hat das Gefühl, dass sie sich auf ihre Familie 100% verlassen kann.

Julia Bode versucht auch ihrem 6-jährigen Sohn die Schmerzen verständlich zu machen. Sein Mitgefühl tut ihr gut.

Für einige Erzähler*innen war die Erkrankung auch ein Grund, keine Kinder zu bekommen. Sie hatten Sorge, ob sie die Kinder ausreichend versorgen könnten, wenn sie akute Schmerzen haben, oder sie machten sich Gedanken über Nebenwirkungen von Medikamenten und eine mögliche Vererbung ihrer Erkrankung.

Da zwei ihrer Töchter ebenfalls an Endometriose erkrankt sind, kämpft Peggy Reichel manchmal mit Schuldgefühlen.

Neben dem großen emotionalen Halt, den eine Familie geben kann, gibt es auch einiges an praktischer Unterstützung durch die Familie. Ursula Bach erzählt, wie ihr erwachsener Sohn und ihre Schwiegertochter für sie Adressen und Informationen im Internet gesucht haben, und sich damit neue Behandlungswege eröffnet haben. Tanja Werner erzählt, wie ihr kleiner Sohn für sie bei Bekannten anruft und Unterstützung anfragt, da es ihr selbst schwer fällt, um Hilfe zu bitten.

Viele Erzähler*innen berichten, dass ihre Familie großes Verständnis für ihre Situation hat und bei den Schmerzen mitleidet. Wenn die Kinder nicht mehr ganz klein sind, bekommen sie von den Schmerzen der Eltern häufig etwas mit. Das kann belastend sein, viele berichten aber auch, dass die Kinder insgesamt gut damit zurechtkommen.

Einige Erzählende berichten jedoch auch, dass ihre Familie oder ihre erwachsenen Kinder kein Verständnis für ihre Erkrankung haben und nicht nachvollziehen können, was diese für sie, die Betroffenen, bedeutet.

In Svenja Neuhaus Familie hatten nicht alle gleichermaßen Verständnis.

Alexander Schwarz erzählt, dass seine Kinder „sozial top“ eingestellt sind und die Familie ihn unterstützt. 

Inge Lux genießt die Ablenkung durch ihr Enkelkind.

Petra Andresen erzählt, wie für ihre erwachsenen Kinder eine Sicherheit wegbrach, als es ihr durch die Schmerzen sehr schlecht ging.

Schwierig ist für viele Erzählende die Frage, wie offen sie in der Familie mit ihren Schmerzen umgehen und wie viel sie darüber reden möchten. Einige haben für sich entschieden, die Schmerzen möglichst für sich zu behalten, um die anderen nicht zu belasten oder weil sie gemerkt haben, dass sich die Schmerzen nicht vermitteln lassen. Andere gehen sehr offen damit um, um der Familie die Möglichkeit zu geben, sich darauf einzustellen. (siehe auch „Über Schmerzen reden“)

Tanja Werner geht mit der Erkrankung in ihrer Familie sehr offen um, die Kinder fühlen sich dann nicht ausgeschlossen.

Natürlich hat die Schmerzerkrankung auch Auswirkungen auf das Familienleben. Einige Erzähler*innen berichten, dass ihre Kinder kleinere Aufgaben mit übernehmen mussten und mehr Selbstständigkeit entwickelten, da sie nicht immer zur Verfügung standen. Besonders die familiären Aktivitäten veränderten sich bei vielen, weil sie nicht mehr so belastbar oder mobil sein können wie früher.

Kerstin Meck musste lernen sich Auszeiten zu nehmen und hätte sich mehr Unterstützung für Familien mit einem chronisch kranken Elternteil gewünscht.

Einige berichten, bei Schmerzspitzen reizbarer zu sein. Der auftretende Ärger trifft häufig auch die Familienmitglieder, die Wege finden müssen, damit klar zu kommen. 

Martin Sander erzählt, dass die Familie ihm aus dem Weg geht, wenn er starke Schmerzen hat.

Viele Erzählende schildern aber auch positive Veränderungen in ihrer Familie. Zum Beispiel haben die Familienmitglieder gelernt, mehr Rücksicht aufeinander zu nehmen, mehr Zeit miteinander zu verbringen, oder sie sind enger zusammengewachsen.

Frank Weber hat das Gefühl, dass sich die Beziehung zu seinen Kindern durch die Krankheit positiv entwickelt hat.

Neben der selbst gegründeten Familie ist häufig auch die Herkunftsfamilie, Eltern und Geschwister unserer Erzähler, von den Schmerzen mit betroffen. Einige Erzähler berichten, dass Eltern und Geschwister sie sehr unterstützen, sowohl in praktischen Dingen als auch als Ratgeber und Zuhörer. 

Susanne Maurers Geschwister haben für sie zusammengelegt, um eine kostenpflichtige Behandlung zu bezahlen.

Andere Erzähler*innen schildern, dass sich ihre Beziehung zu Eltern und Geschwistern verschlechtert oder distanziert hat.

Holger Ziegler erzählt wie er sich mehr und mehr von seiner Familie abschottete, bis er schließlich seine Enkel als größten Antrieb fand sich wieder hoch zu kämpfen.

Julia Bode erzählt, dass ihre Mutter darunter litt, ihr nicht helfen zu können.