Die Erfahrungen von Gerhard Wachsmuth

Portrait Gerhard Wachsmuth ist zum Zeitpunkt des Interviews im Januar 2012 24 Jahre alt. Er ist ledig und studiert. Bereits mit 13 Jahren wurde die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt. Die Rücklegung des Pouchs war aufgrund von Komplikationen nicht möglich, so dass er seit Ende der Schulzeit mit einem künstlichen Darmausgang lebt. Herr Wachsmuth hat einer Veröffentlichung seines Interviews in der Textversion zugestimmt.

Gerhard Wachsmuth bemerkte die ersten Anzeichen einer Krankheit - etwas Rotes im Stuhl - als 13-Jähriger. Die folgenden medizinischen Untersuchungen einschließlich einer Darmspiegelung ließen ihn zunächst noch hoffen, dass alles vorübergehe. Die Diagnose Colitis ulcerosa und der erste Schub überraschten und erschütterten ihn dann sehr. Als besonders beeinträchtigend erlebte er das "Mondgesicht", eine Nebenwirkung des Cortisons. Mit seinen Mitschülern redete er nicht über die Krankheit, im Gegenteil.

Etwa um die Zeit des Abiturs drängte ihn eine Ärztin zu überlegen, wie es nun weitergehen sollte, so wurde ein Pouch in Betracht gezogen. Die Operation erlebte Herr Wachsmuth nicht nur als sehr schmerzhaft, vor allem kommt es zu einem Fehler. In der Folge musste dann – statt eines Pouchs – dauerhaft ein künstlicher Darmausgang gelegt werden. Noch heute ist Gerhard Wachsmuth manchmal wütend über das, was damals geschah, und fragt sich, wie es für ihn heute bei einer erfolgreichen Operation wäre. Obwohl es nun fast 10 Jahre zurückliegt, hat er manchmal das Gefühl, dass das Stoma noch nicht wirklich bei ihm angekommen ist. Andererseits sieht er – gerade im Vergleich zu Kindheit und Jugend – die großen Vorteile des Stoma im Vergleich zur aktiven Colitis ulcerosa: Es gibt keine Angst vor Schüben mehr, und er kann vergleichsweise gut am sozialen Leben teilnehmen. Einschränkungen bleiben natürlich: Sport ist nur bis zu einem gewissen Grad möglich, die Teilnahme am Mannschaftssport verbietet er sich. Beim Essen musste er lange lernen, was erlaubt ist und was nicht. Als Einschränkung empfindet er es, dass er nicht mehr auf dem Bauch schlafen mag – obgleich es medizinisch gesehen erlaubt ist.

Heutzutage wissen einige Personen in seinem engen Umfeld von der Krankheit. Aber sonst ist Gerhard Wachsmuth seiner Strategie treu geblieben, möglichst wenig darüber zu sprechen. Aufgrund ärztlicher Empfehlungen hat er es auch zweimal mit Psychotherapeuten bzw. Psychologen versucht, aber das Reden hat ihm nicht geholfen. Sein „Ersatztherapeut“ sei das Internet, das er überwiegend als Informationsquelle und weniger zum sozialen Austausch nutzt. Noch wichtiger aber ist seit Beginn des Studiums ein guter Freund, den er sehr früh über die Krankheit eingeweiht hat und der ihm regelmäßig beratend zur Seite steht.

Das Interview wurde am 18.01.2012 geführt.

 

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