Diagnoseschock

Im Folgenden berichten die Interviewpartnerinnen von den unterschiedlichen Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen, die sie hatten, als ihnen die Diagnose mitgeteilt wurde. Für die meisten Frauen folgte eine Zeit der tiefen Erschütterung, in der die Lebensplanung völlig aus der Bahn geworfen wurde. Beispielsweise war Julia Bring gerade zwei Monate verheiratet und wollte schwanger werden, Carolin Zenning plante den Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Babypause und Petra Schuler hatte einen neuen Kredit für ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen.

Greta Tietze-Stein berichtet von ihrer absoluten Erschütterung, als sie ihre Diagnose erfuhr.

Viele Interviewpartnerinnen verwendeten das Wort „Schock“ um ihrem Gefühl beim Erhalt der Diagnose Ausdruck zu verleihen. Aber u.a. auch Umschreibungen wie „Panik“, „Fassungslosigkeit“, „den Boden unter den Füßen weggezogen“, „nie mehr lachen können“, „großes schwarzen Loch“, „keinen Gedanken fassen können“, „Welt brach zusammen“, „Sturz in den Abgrund“ finden sich in unseren Interviews.

Carolin Zenning empfand die Diagnose als existentielle Bedrohung.

Als junge Frau fühle man sich wie vom Himmel geschossen, meint Bianca Winkler.

Tanja Auer beschreibt, was der Diagnoseschock für sie ausmacht.

Die Diagnose löste bei vielen Interviewpartnerinnen Gedanken an Sterben und Tod aus. (Auseinandersetzung mit Sterben und Tod). Greta Tietze-Stein formulierte es als ein „unglaublich einschneidendes Gefühl zu wissen, ich kann jetzt an dieser Erkrankung sterben.“ So ging es nach der Diagnose zunächst darum, aus diesem „Panikmodus“ herauszukommen. Manche Frauen mussten auch zwei Mal oder mehrmals den Schock der Diagnose erleben, wenn etwa eine Wiedererkrankung (Rezidiv) auftrat oder der Brustkrebs metastasierte (Leben mit Rezidiv oder Metastasen). Susanne Ricke, die ein Jahr zuvor an Hautkrebs erkrankte, beruhigte es wiederum, dass ihr von den Ärzt*innen versichert wurde, dass ihr Brustkrebs nicht streuen kann.

Bei Gabriele Ohler kreisten nach der Diagnose die Gedanken um Tod und was jetzt passieren wird.

Marion Pfulding bejahte aktiv, durch die Behandlung gehen zu wollen.

Manuela Weber fasst in Worte, wie sie versuchte, sich an den Gedanken des metastasierten Brustkrebs zu gewöhnen.

Für einige Interviewpartnerinnen war die Ankündigung der Chemotherapie besonders schlimm.

Petra Schuler empfand die Ankündigung der Chemotherapie als „richtigen Knaller“.

Die interviewten Frauen berichten von weiteren Reaktionen auf die Diagnose: Manche dachten zuerst an die Kinder, manche konnten nicht weinen, andere weinten im Gegensatz dazu viel, manche verhielten sich offensiv, andere zogen sich zurück. Letztlich überwanden alle unsere Interviewpartnerinnen den Moment, zu denken, es gehe nicht mehr weiter.

Katrin Oppelner wollte auf jeden Fall für ihre Kinder weiterleben.

Anke Schwartz fühlte sich zunächst wie eine laufende Maschine und konnte nicht weinen.

Bianca Winkler ließ sich ganz in die Krebssache reinfallen, sie las viel und weinte viel.

Christiane Gertz ging offensiv vor und informierte gleich alle über ihre Diagnose.

Um die Diagnose für sich selbst zu verarbeiten, zog sich Monika Hechstein von ihrem Umfeld zurück.

Ute Schuhmacher weiß, dass man immer wieder aufsteht und nicht am Boden liegen bleibt.

Angelika Keller hat es unterstützt, dass ihre Schwägerin den Brustkrebs zwei Mal bekämpfen konnte und wieder fit geworden ist.

 Für Ulrike Blessinger hat der Diagnoseschock langfristige Auswirkungen. Sie sieht eine Versorgungslücke.